mündlich
Antrag: | Gegen jeden Neoliberalismus! (Zurückgezogen) |
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Antragsteller*in: | Felix Steins (CampusGrün HH) |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 02.06.2018, 18:20 |
Antrag: | Gegen jeden Neoliberalismus! (Zurückgezogen) |
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Antragsteller*in: | Felix Steins (CampusGrün HH) |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 02.06.2018, 18:20 |
Gegen jeden Neoliberalismus!
Durch die Politik des "New Deal" setzte sich im Amerika der 30er, später auch im Nachkriegseuropa die Erkenntnis durch, dass der zuvor praktizierte Laissez-faire-Kapitalismus, also quasi der Verzicht auf Regulation der Wirtschaft, nicht mehr die passende Wirtschaftsform für das Entwicklungsstadium des Kapitalismus war. Die Finanz- und Wirtschaftskrise ab 1929, die Große Depression, Massenarbeitslosigkeit, Austeritätspolitik und nicht zu letzten deren maßgeblicher Anteil am Erstarken des Faschismus hatten dies überdeutlich gemacht. Als Gegenentwurf bildete sich eine Politik heraus, die mitunter als "Klassenkampfkompromiss", "Fordismus" oder auch "soziale Marktwirtschaft" bezeichnet wird. Sie stellt die konsequente politische Anwendung keynesianischer Volkswirtschaftslehre dar und setzt als solche auf starke Gewerkschaften, steigende Masseneinkommen, politisch festgelegte Wechselkurse, starke Regulierung des Finanzsektors, hohe Kapitalbesteuerung, Verhinderung von Kapitalkonzentration, hohe Staatsquoten und antizyklische Investitionspolitik. Dadurch herrschte weitgehend Vollbeschäftigung, die ökonomische Ungleichheit war gering, die Arbeiter*innenklasse hatte vergleichsweise viel poltische Macht, Krisen waren nur von kurzer Dauer und das Produktivitäts- sowie Wirtschaftswachstum waren hoch - deshalb wird dieser Zeitraum mitunter als "Goldenes Zeitalter des Kapitalismus" bezeichnet.
Da diese Regulation im Umkehrschluss vergleichsweise wenig Macht für die Kapitalis*innenklasse bedeutet, bildete sich ab den Fünfzigerjahren eine Gegenbewegung heraus, deren intelektuelles Zentrum die volkswirtschaftliche Schule der Neoklassik ist, die die Ineffizienz staatlicher Institutionen, die Effizienz freier Märkte und deshalb eine umfassende Deregulierung - mithin eine Rückkehr zum Laissez-faire-Kapitalismus - propagiert.
Ausgehend von der "Mont Pèlerin Society", die führende Neoklassiker wie Friedrich August von Hayek und Milton Friedman mit Einfluss- und Geldadel vernetzte - und die noch heute das Herzstück der neoliberalen Thinktank-Vernetzung ist [0] -, wurde diese Kampagne eine weltweite politische Strömung, die sich, da sie ja Freiheit des Kapitals und des Marktes forderte, „Liberalismus“ auf die Fahnen schrieb.
Diese Umdeutung des Freiheitsbegriffs stellte den Beginn einer großangelegten Lobby- und Propagandakampagne dar, deren Hauptzweck es ist, eine Gleichsetzung von „gut für ökonomische Eliten“ mit „gut für die (nationale) Wohlfahrt“ in die Köpfe der Bevölkerung zu pflanzen. Bewusst wurde ein Gegensatz von „sozial“ und „wirtschaftlich“ konstruiert, der so nicht vorhanden ist.
Seinen Durchbruch feierte der Neoliberalismus in den Siebzigerjahren, als die Vernachlässigung der ökologischen Frage im Allgemeinen beziehungsweise die Abhängigkeit vom Öl im Speziellen sowie die Trägheit der Gewerkschaften dazu geführt hatten, dass die Ölkrisen in Lohn-Preis-Spiralen und "Stagflation" mündeten (wobei das "Stagnation" darin reine neoliberale Propaganda ist, das Wirtschaftswachstum war in den 70ern deutlich höher als in jedem Jahrzehnt danach). Die scheinbare Unfähigkeit des Keynesianismus, das Wohlstandsversprechen weiterhin einzulösen, führte dann dazu, dass zunächst liberale und konservative, später auch "sozialdemokratische" und grüne Parteien sich dem Neoliberalismus zuwandten.
Spätestens seit der Finanzkrise 2009, in der das Scheitern des politischen Marktradikalismus deutlich wie nie zuvor geworden ist, kann sich kein
[0]: https://lobbypedia.de/wiki/Mont_Pelerin_Society
[1]: https://www.youtube.com/watch?v=uOzW7jI5xio ab 0:20 bis 0:40
mündlich
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